Aikido für Erwachsene

Kontakt: PD Dr. Wolfgang Nitz
Wolfgang.nitz@fen-net.de
Wolfgang.nitz@takemusu.eu
Tel.: 09132-63310
Mobil.: 0176-86366559

Montag 20:00 – 21:30 Aikido für Erwachsene – waffenlose Formen
Freitag 19:00 – 21:15 Aikido für Erwachsene – Waffentraining
Turnhalle der Grundschule Frauenaurach, Keplerstr. 1.

Anmeldung per E-Mail erwünscht (wolfgang.nitz@fen-net.de) aber nicht zwingend. Wir freuen uns auf „Neugierige“.

 

Trainingskonzept Aikido
Der Trainingsablauf folgt immer dem gleichen Ritual:

  • Begrüßung – hier und jetzt –
  • Aufwärmphase: Übungen, die leichte Muskelaktionen und Koordinationsübungen zum Ziel haben, einschließlich eines leichten Vordehnens.
  • Fallschulen:Rückwärts, vorwärts, seitwärts, weich und hart, evtl. technikspezifisch.
  • Techniken – entsprechend dem Stand der Gruppe (Details s. weiter unten)
  • Abwärmphase: Entspannungs- und Dehnübungen.
  • Verabschiedung

Demonstration von Verkettungstechniken (Ausweichbewegungen mit entsprechenden Folgetechniken)

 

 

Demonstration von Partnerformen mit dem Stock

 

Techniken im Aikido
Aikido soll ohne Kraft funktionieren. Was sagte schon Isaac Newton 1687: Ein Körper verharrt so lange in seinem Bewegungszustand, solange keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken. Also ein ruhender Körper, auf den keine Kraft wirkt, wird sich nicht bewegen. Und tatsächlich wird (nicht nur beim Aikido, sondern z.B. teilweise auch beim Judo) die Kraft des Angreifers dazu verwendet, ihn selber zu Fall zu bringen. Die Effektivität von Aikido-Würfen steigert sich mit der Intensität des Angriffs. Das bedeutet eine Lehre perfekt pazifistischer Verteidigungstechniken: Kein Angriff – kein Wurf. Das Weiterführen der Bewegung des Angreifers wird von einigen Aikido-Stilrichtungen so stark betont, dass es schon fast tänzerisch aussieht (Deutscher Aikido Bund, Aikikai). Dem gegenüber steht das Daito-Ryu Aiki Jujutsu, welches starke Selbstverteidigungskomponenten hat und ein relativ hartes Training verlangt. Das „Takemusu Aikido“, wie es im TSV 1891 praktiziert wird, steht wahrscheinlich zwischen diesen beiden Extremen und beginnt mit dem Bewegungsstudium aus statischen Ausgangspositionen („Kihon“). Körperhaltung, Fußpositionen, Schrittfolgen, Muskelkontrolle, Blickrichtung und Rotationsebenen sollen erst choreographisch beherrscht sein, bevor man zu fließenden Bewegungen („Ki no nagare“ oder „Awaze“) übergeht, bei denen das Grundprinzip des Aikido, die Umlenkung der Kraft des Angreifers, in voller Perfektion zur Anwendung kommt. Der Vorteil des „Takemusu Aikido“ besteht darin, dass sich jeder Schüler die Intensität seines Trainings entsprechend seinem Alter und seiner körperlichen Konstitution selber einteilen kann. Ist man gut drauf und fühlt sich fit, so greift man mit einer Intensität an, die eine wundervolle Flugschule mit perfekt abgefederter harter Landung zur Folge hat. Fühlt man sich mal nicht so gut, so spricht man das mit dem Partner vorher ab und greift mit einer Intensität an, die einen Wurf mit einer etwas weniger anstrengenden Abrollbewegung nach sich zieht.

Ganz ohne Kraft geht es nun doch nicht. Als Anfänger braucht man etwas Kraft um die Kraft des Angreifers umzulenken. Auch greifen im Training die wenigsten mit einer Intensität an, dass man völlig kraftlos werfen kann. Und in diesem Fall verwendet das Aikido eine weitere physikalische Gesetzmäßigkeit: Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Kann ich meine Körpermaße ins Spiel bringen, so brauche ich weniger Muskelkraft, weniger Beschleunigung. Isometrische Muskelanspannung erlaubt eine kraftvolle Verbindung unserer Arme mit dem Rest unserer Körpermaße. Die entsprechende Grundübung heißt:

  • Tai-no-henko – Der Angreifende („Uke“) fast den Unterarm seines Übungspartners mit festem Griff, und der Verteidigende („Uchi“) dreht sich um den Angriffspunkt und übt die Übertragung, übt die Arretierung seiner Peripherie (seiner Arme) mit dem Rest des Körpers – ohne dabei durch eine starre Verbindung eine Kontrolle seines restlichen Körpers anzubieten

Im körperlichen Verteidigungsfall gilt es, seine eigenen Kräfte wirtschaftlich einzuteilen. Entsprechend der Verhältnismäßigkeit wird man den Gegner nicht gleich umgebracht haben, es könnte also noch ein weiterer Angriff kommen. Desgleichen könnten es auch mehrere Angreifer sein. Überflüssige Drehungen und Schritte kosten nicht nur Energie, sie können auch Zeit kosten, die man evtl. mit Blick auf die eigene Unversehrtheit nicht hat (Der Schlag ist schon da, bevor man sich auf eine Abwehr vorbereitet hat). Eine entsprechende Grundübung heißt

  • Tai-sabaki – Ein Positionswechsel mit nur zwei Schritten aus korrektem Hanmi in das korrekte Hanmi. Diese Bewegung ist essentiell für alle Randoris (nicht abgesprochene Angriffe von mehreren Angreifern).
  • Hanmi – Die „korrekte“ Fuß- und Körperpositionierung. Der vordere Fuß zeigt in die Richtung, aus der der Angriff erwartet wird. Der hintere Fuß ist dazu quer gestellt. Die Linie durch Zehen und Ferse des vorderen Fußes geht durch die Mitte des hinteren quer gestellten Fußes. Die Knie sind leicht gebeugt, die Gewichtsverteilung liegt in gleichen Teilen auf beiden Beinen.

 

Man unterscheidet im Aikido folgende Grundformen

  • Tachi waza – Alle Verteidigungsübungen, die ohne Waffen im Stand durchgeführt werden und in der Regel zu einem Wurf führen.
  • Katame waza – Alle Verteidigungsübungen, die ohne Waffen im Stand oder im Kniesitz durchgeführt werden und mit einer Fixiertechnik enden.
  • Buki waza – Alle Verteidigungsübungen, die mit Waffen (im Stand) durchgeführt werden.
  • Hanmi hantachi waza – dabei befindet sich der Angegriffene im Kniesitz und wird von einem stehenden Angreifer attackiert.
  • Suwari waza – sowohl Verteidiger, als auch Angreifer befinden sich im Kniesitz. Diese Form wird ausschließlich für das Üben der Bodentechniken (Katame waza) verwendet, wobei hiermit mogelnde Ausgleichsbewegungen des Beinapparates unterbunden sind.

 

Das „Tachi waza“ kennt primär folgende Angriffsformen:

  • Katate dori – die einhändige gleichseitige Fixierung eines Unterarms
  • Kosa dori – die gegenseitige Fixierung eines Unterarms
  • Kata dori – der Kleidungsgriff in Schulterhöhe
  • Muna dori – der Griff ins Revers. Da man in der Regel nicht abwartet, bis der Angreifende seinen Griff beendet hat, sondern vorher reagiert, kann jede entgegenkommende Hand als „Muna dori“-Angriff interpretiert werden.
  • Chudan tsuki – der Stoss zwischen Bauchnabel und Solarplexus.
  • Ryote dori – die Fixierung beider Unterarme
  • Ryokata dori – der beidseitige Griff zur Kleidung auf Höhe der Schultern
  • Shomen uchi – der gerade Schlag von oben auf den Kopf
  • Yokomen uchi – der schräg kommende Schlag gegen die Schläfe
  • Ushiro ryote dori – das beidseitige Greifen der Unterarme von hinten (in verschiedenen Ausführungsformen)
  • Ushiro ryo kata dori – das beidseitige Greifen der Kleidung von hinten, auf Höhe der Schultern
  • Ushiro eri dori – das einhändige Greifen in den Kragen von hinten.
  • Ushiro katate dori kubi shime – das Greifen eines Unterarm und gleichzeitiges Würgen von hinten.
  • Sode dori – einhändiger Griff zum Ärmel (Ellbogen).
  • Sode guchi dori – einhändiger Griff zum Ärmelanfang.
  • Hiji dori – einhändiger Griff zum Ellbogen.

 

Die obige Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Interessanterweise gibt es im Prüfungsprogramm des „Takemusu Aikido“ keine Abwehrtechniken gegen Tritte. Ueshiba hat es Zeit seines Lebens für eine dumme Idee gehalten, sich auf nur ein Bein zu stellen.

Elementare „Tachi waza“ Verteidigungsformen zu obigen Angriffen sind

  • Kokyo nage  – durch eine entsprechende Bewegung, in der Regel eine Hüftdrehung bei gleichzeitigem Absenken des Schwerpunktes, bringt man den Angreifer aus dem Gleichgewicht und wirft ihn durch Zurückdrehen. Einige Kokyo nage Würfe verwenden einen Wurfhebel auf das Ellenbogengelenk oder Kippen den Kopf nach hinten.
  • Shiho nage – durch verdrehen des Unterarms wird der Angreifer aus dem Gleichgewicht gebracht und letztlich geworfen (Armhebelwurf)
  • Irimi nage – „Irimi“ heißt hineingehen. Nach einer kurzen oder längeren Aufnahme der Bewegung des Angreifers, wird diese Bewegung direkt wieder gegen ihn verwendet.
  • Juji nage – die Arme werden verknotet. Dem Angreifer bleibt nichts weiter übrig, als der Sprung in die Fallschule, um sein Ellbogengelenk zu retten.
  • Kaiten nage – der „Steven Seagal Wurf“. Der Arm des Angreifenden wird geschickt hinter den Körper gebracht, gestreckt und wird in Richtung einer schmerzhaften Position geschoben, wobei nur der Sprung in die Fallschule das Schultergelenk rettet. Diesen Wurf gibt es in den Ausführungsformen „Uchi mawari“ und „Soto mawari“.
  • Tenchi nage – der „Himmel- und Erde-Wurf“, weil eine Hand das Gleichgewicht in Richtung Boden bricht und die andere Hand den Oberkörper in Richtung Boden schickt. Gleichzeitig wird ein Bein gestellt, damit der Angreifer keinen Ausgleichsschritt machen kann.
  • Koshi nage – das eigene Becken wird als Wippe verwendet um den Angreifer elegant über die Hüfte zu schmeißen.
  • Kote gaeshi – ein Handhebelwurf, wobei nur der Sprung in die Fallschule das Handgelenk retten kann. Der Schmerz oder eine schmerzlose Dynamik (aus der Bewegung) lässt auch gar keine weiteren Überlegungen oder Alternativen zu.

 

Die meisten der oben angeführten Formen lassen sich sowohl vor dem Angreifer („Omote“), als auch hinter dem Angreifer („Ura“) beenden. In anderen Stilrichtungen ist auch die Nomenklatur „Irimi“ (gegen die Ursprungsbewegung) oder „Tenkan“ (ausweichend, mit der Ursprungsbewegung) geläufig.

„Katame waza“ sind Fixiertechniken zu obigen Angriffen, bei der primär natürliche Einschränkungen des Hand-, Ellbogen- und/oder Schultergelenks ausgenutzt werden, um den Angreifer zu Boden zu bringen und dort zu fixieren. Solche Techniken lassen sich natürlich nur bei einem einzelnen Angreifer verwenden. Bei mehreren Angreifern sind „Katame waza“ Techniken nur bedingt sinnvoll. Es gibt sechs Grundformen, die einfach von 1 bis 6 nummeriert sind (Ikkyo, Nikyo, Sankyo, Yonkyo, Gokyo, Rokyo) – und es gibt sie in den Ausführungsformen „Omote“ und „Ura“ und mit leichten Variationen „Henka“.

Bei Fortgeschrittenen wird auch die Verteidigung gegen nicht abgesprochene Angriffe geübt „Jiyu waza“, sowie die Verteidigung gegen mehrere Angreifer „Niningeki jiyu waza, Sanningeki jiyu waza, Jonningeki jiyu waza“ (2, 3, 4 Angreifer).

Weitere, sehr fortgeschrittene (geheime) Techniken sind das „Kaeshi waza“ – ein Kontern der angesetzten Verteidigungstechniken und daraus folgend natürlich das „Renzoku waza“- eine Weiterführung der Verteidigungstechnik nach einem Konter.

Die oben angeführte Liste möglicher Techniken ist sicher beeindruckend und doch nicht vollständig. Es gibt auch nach mehr als zwei Jahrzehnten immer noch etwas dazu zu lernen … und dann kommt man so langsam in das Alter, wo einem eigentlich bekannte Dinge plötzlich wieder neu vorkommen.

Es ist und bleibt faszinierend, spannend und entspannend. Und es fühlt sich gut an, dass man glaubt, sich im Ernstfall verteidigen zu können.