Geschichte

Die ersten Budo System sind in der vergleichsweise friedlichen Edo-Periode (1600-1868) entstanden, als die Samurai keine Kriege führen mussten und sie Zeit für das Üben der Kampfkünste hatten.
Alle Aikido-Stilrichtungen berufen sich auf den Begründer Morihei Ueshiba, geboren am 14.12.1883 in Japan, als ältester Sohn eines wohlhabenden Landwirts. Den Erzählungen nach war Ueshiba ein zierlicher Knabe und in der Sorge um die Gesundheit seines Sohnes, legte sein Vater früh Wert auf körperliche Ertüchtigungen wie Schwimmen und (Sumo-) Ringen. Eine Anekdote besagt, dass Ueshiba als 11jähriger Knabe traumatisiert wurde, als er mit ansehen musste, wie sein Vater von einem angeheuerten Schlägertrupp zusammengeschlagen wurde. Diese Traumatisierung führte dazu, dass er zeit seines Lebens Kampfkünste erlernt, bis zur Entwicklung eines eigenen Kampfstils, den er selber bis zu seinem Tode praktizierte.
1902 beginnt er mit dem Studium des Jujutsu und des Kenjutsu. Während seiner Zeit in der japanischen Armee vertieft er seine Kenntnisse auf dem Gebiet verschiedener Jujutsu-Stile.
1907, nach seiner Entlassung aus der Arme nimmt er Unterricht bei dem Judoka Kiyo’ichi Takagi.
1912 graduiert er beim Jujutsu-Meister des Daito-ryu Sokaku Takeda.
1920 gründet er sein eigenes Dojo und unterrichtet Jujutsu.
1922 nennt er seine Kampfkunst erstmals Aiki-Bujutsu.
1930 gründet er das heutige Aikikai Honbu Dojo in Tokyo.
1941 nennt Ueshiba seine Kampfkunst zum ersten Mal Aikido.
1942 übergibt Ueshiba sein Dojo in Tokyo an seinen Sohn Kisshomaru und zieht sich in das Dorf Iwama zurück. Auch dort findet er Anhänger und kultiviert seine Techniken. Den Aikido-Stil, der von dieser Zeit geprägt wurde, nennt man den Iwama-Stil. Dieser Stil wird im TSV 1891 trainiert. Der Iwama-Stil ist eine vom Aikikai-Verband anerkannte Stilrichtung. Seit dem Tode von Kisshomaru Ueshiba im Jahre 1999 hat sein Sohn Moriteru die Leitung des Aikikai Honbu Dojos übernommen.
Morihiro Saito begann 1946 als 18jähriger das Aikido-Training unter Ueshiba in dem gerade drei Jahre alten Iwama Dojo. Mit dem Tod von Morihei Ueshiba im Jahre 1969 wurde ihm die Leitung des Dojos übertragen. Zeitlebens war Morihiro Saito Mitglied im Weltverband Aikikai und war befugt, gleichzeitig Graduierungen im sogenannten Iwama Ryu zu vergeben (Ryu = Stilrichtung). Wenige Jahre nach dem Tod von Saito (13. Mai 2002), kam es zu einer Spaltung des Iwama Ryu. Saitos Sohn, Hitohiro Saito, überwarf sich mit dem Aikikai-Verband und gründete seinen eigenen Verband „Iwama Shin Shin Aiki Shurenkai“. Hitohiro nennt seinen Stil „Dento Iwama Ryu“ (Traditionelles Iwama Ryu). Die langjährigen europäischen Schüler von Morihiro Saito, wie Paolo Corallini aus Italien und Ulf Evenas aus Schweden, gründeten den Verband „Takemusu Aikido“ (Takemusu = aus der Vielfalt heraus), der Mitglied des Aikikai wurde. Die Empfehlungen dieses Verbandes gelten für das Training im TSV 1891.
Der Begriff „Takemusu“ wurde von Ueshiba in seinen letzten Jahren geprägt, als er zunehmend die spirituellen Aspekte seines Stils entwickelte. In seinen späten Lebensjahren tendierte Ueshiba zunehmend zum Pazifismus und war der Ansicht, dass Aikido eine „Kunst des Friedens“ sein sollte. Besonders die Konsequenzen der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren für ihn der Beweis, dass Gewalt keine Lösung ist. Alle sollten in Harmonie mit sich und ihrem Umfeld stehen.

Taugt Aikido zur Selbstverteidigung?
Es gibt ab und zu ein paar Anekdoten, dass Aikido durchaus zur Selbstverteidigung taugt. Ich persönlich kann mich, in den letzten 32 Jahren, nur an zwei mich betreffende Begebenheiten erinnern: Auf einem Volksfest in Nordrhein-Westfalen, ich beobachtete gerade meine Tochter auf einem Fahrgeschäft, als ich aus den Augenwinkeln zwei angetrunkene jüngere Burschen auf mich zukommen sah. Körpersprache und Blickrichtung der beiden verrieten – ich bin das Opfer. Hanmi (korrekte Fußposition einnehmen) – die Blickrichtung nicht verändern (nicht zeigen, dass man erkannt hat, dass man zum Opfer erkoren wurde), und sich so lange ruhig verhalten, dass der potentielle Täter glaubt, sein Opfer ahnungslos zu treffen. Der Tritt kam – ein simpler „Ushiro ashi“ ein kleiner Gleitschritt nach hinten und der Tritt ging ins Leere. Blickkontakt und die freundlichen Worte „Lass den Scheiß.“. Die Arme offen heben – in Vorbereitung für eine weitere Verteidigung und trotzdem als defensive Geste. Der weniger Betrunkene zog seinen Freund mit sich fort. Über die Gründe seines Rückzugs kann ich nur spekulieren. Aber ich war erleichtert. Betrunkene sind zwar ein leichtes Opfer, auf Grund mangelndem Gleichgewichtssinn und mangelnder Koordinationsfähigkeit, aber sie spüren nur bedingt Schmerz. Damit steigt die Verletzungsgefahr, weil die schmerzenden Vorwarnsignale vieler Verteidigungstechniken nicht greifen. Strafrechtlich ist man zwar mit Notwehr aus dem Schneider, aber zivilrechtlich gibt es im Fall von ernsthaften Verletzungen des Angreifenden – und dem Vorwurf der Unverhältnismässigkeit – durchaus Schadensersatzfälle.
Die zweite Gelegenheit hatte etwas mit Zivilcourage zu tun – und auch hier sind eigentlich nicht wirklich Techniken zum Tragen gekommen. Ich begleitete eine amerikanische Gastfamilie mit ihren zwei kleinen Kindern auf das Annafest in Forchheim. Auf der Rückfahrt bestiegen zwei sich streitende angetrunkene Männer im besten Alter den Bus. Der Schwammigere provozierte penetrant, während sein Gegenspieler darauf hinwies, in der Fremdenlegion gedient zu haben. Der Schwammigere lud zum Schlag ein. Der Fremdenlegionär sah wirklich gut gebaut aus und machte Anstalten, auf den Provokateur zuzugehen. Mir war die Situation in Gegenwart meiner amerikanischen Freunde extrem peinlich. Meine Strategie – freundschaftlicher Körperkontakt und Verweis auf die Kinder. Ich stand auf (Strategie – Ellenbogenkontrolle und freundschaftliches Auflegen der Hand auf die gegenüberliegende Schulter … bei dem Fremdenlegionär). In diesem Moment verlor der Busfahrer die Geduld mit den beiden Streithähnen und trat voll in die Bremsen, um den Bus zum Stehen zu bringen und die beiden Kontrahenten zur Rede zu stellen. Entsprechend dem ersten Newtonschen Gesetz (Massenträgheit) rauschte ich nun haltlos weniger freundlich von hinten auf den Fremdenlegionär – Ellenbogenkontrolle und Schulterkontakt wie geplant. Gott sei Dank war der Fremdenlegionär alles andere als aggressiv. Ich hatte Zeit, auf die Kinder zu verweisen, die angstvoll die Eskalation beobachtet hatten. Die Miene des Fremdenlegionärs hellte sich auf, er entschuldigte sich bei den Kindern und sang ihnen ein Liedchen vor (Was etwas weniger peinlich war, als eine Schlägerei). Für mich bedeutete diese erfolgreiche Deeskalation ein richtiges Erfolgserlebnis.